Den Originalartikel finden Sie hier (open access).
Ist es schwierig, Gefühle zu lesen? Das kann es sein. Ist es immer gleich schwierig? Nein. Warum? Das war die Frage in unserer Studie.
Hintergrund
Manchen Menschen fällt es leichter, den Gefühlsausdruck anderer Menschen zu lesen, und das ist in verschiedenen Situationen unterschiedlich. Aber warum? Liegt es an dem Beobachter? An der Person, die den Ausdruck zeigt? An der Emotion selbst? Oder ist es vielleicht ein Zusammenspiel aus all diesen Faktoren?
Wir stellten diese Fragen, indem wir untersuchten, wie die folgenden Faktoren die Schwierigkeit der Emotionswahrnehmung beeinflussen:
- Alter und (selbst angegebenes) Geschlecht des Beobachters
- Alter und Geschlecht des Akteurs
- Valenz (positiv/negativ) und Erregung der dargestellten Emotion
WARUM UND WIE?
Hey, gibt es nicht schon viele Arbeiten darüber? Ja, es gibt eine ganze Reihe von Arbeiten über “Emotion 𝘳𝘦𝘤𝘰𝘨𝘯𝘪𝘵𝘪𝘰𝘯”. Sie haben uns eine Menge gelehrt, aber ein Problem ist, dass sie von einer “Grundwahrheit” ausgehen – der richtigen Antwort. Wenn Sie z. B. die folgende Emotion auf dem Bewegtbild benennen müssten, wie würde sie lauten?
Was auch immer Sie gerade gedacht haben, Ihre Antwort wäre richtig, wenn sie mit der in einer Studie festgelegten Bezeichnung übereinstimmt. Wie lautet sie? Normalerweise die Absicht des Schauspielers. Aber was ist, wenn der Schauspieler “verwirrt” gemeint hat und alle Teilnehmer sagen, es sei “überrascht”? Liegen sie dann alle falsch? Nun, das ist schwierig.
Wir interessierten uns für die 𝘥𝘪𝘧𝘧𝘪𝘤𝘶𝘭𝘵𝘺 𝘰𝘧 𝘱𝘦𝘳𝘤𝘦𝘱𝘵𝘪𝘰𝘯: wie schwer ist es, eine Emotion zu lesen? Wichtig war, dass wir zwischen 𝘀𝘂𝗯𝗷𝗲k𝘁𝗶𝘃𝗲r (Selbsteinschätzung) und 𝗼𝗯𝗷𝗲k𝘁𝗶𝘃𝗲r-Schwierigkeit (wie weit liegt Ihre Antwort von der anderer Personen ähnlicher Kultur und ähnlichen Geschlechts ab) unterschieden.
Dazu verwendeten wir ein “multidimensionales Emotionswahrnehmungssystem”, bei dem 441 Beobachter die wahrgenommene Emotion entlang einer Reihe von Dimensionen (Grundemotionen + Interesse) bewerteten, anstatt aus den traditionell verwendeten diskreten Kategorien von Emotionen (“glücklich”, “überrascht” usw.) zu wählen.
Ergebnisse
Unsere Daten haben gezeigt, dass die subjektive und objektive Wahrnehmung von Emotionen schwieriger ist für:
- ältere Schauspieler
- weiblichen Schauspielern (komplexere Signale?)
- weibliche Beobachter (weniger Selbstvertrauen und/oder Erfassen von mehr Feinheiten?)
Außerdem unterschätzten Männer und die jüngsten/ältesten Teilnehmer ihre Schwierigkeit (die subjektive Schwierigkeit war geringer als die objektive).
Die Auswirkungen von Valenz und Erregung waren komplizierter (siehe Abbildung unten und in der Veröffentlichung nachzulesen), aber insgesamt sind stimulusspezifische Faktoren (Valenz und Erregung) für die Schwierigkeit wichtiger als personenspezifische Faktoren (Alter/Geschlecht des Akteurs/Beobachters).
take-home message:
- wir haben die Schwierigkeit der Emotionswahrnehmung (nicht der Erkennung) gemessen
- das neue Paradigma ist empfindlicher und erfasst ein breiteres Bild der menschlichen Emotionswahrnehmung (man beachte die überraschend höhere objektive Schwierigkeit für Frauen)
Überrascht? Interessiert? Verwirrt? Sprechen Sie uns an, wir freuen uns auf ein Gespräch!